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mariavonblumencron

Ausflug nach Nargakot * Tag 6 meiner Reise ins Shelter108-Hostel

Am sechsten Tag meiner Reise in unser Shelter108-Hostel in Kathmandu brechen wir alle gemeinsam in Richtung der Berge nach Nargakot auf.

Unserem Hostel-Vater Karma gelang vor einigen Jahren schon, dort mit dem 'Hotel Country Village' einen Spezialpreis für unsere Shelter108-Hostel-Kinder zu verhandeln.

Einmal im Jahr während der Herbstferien fahren Karma und Dawa seither mit allen unseren Kindern und Jugendlichen für ein Wochenende in Richtung Berge. 

Und natürlich auch in diesem …


Als wir nach fast zweistündiger Fahrt in der ‚Country Villa‘ einchecken, werden wir herzlich willkommen geheißen. Die Anlage übertrifft alle meine Erwartungen:

In einen riesigen Steilhang hineingebaut wie kleine Nester sind die individuell angelegten Unterkünfte. Auf zahlreichen Ebenen finden sich organisch abgerundete Terrassen in den Stein geschlagen: Zum Essen, zum Verweilen, zum Spielen, für Yoga, Auch Tischtennis, und es gibt sogar einen Pool! 

Überall entdecke ich neue gemütliche Ecken, um zu ruhen, zu lesen, sich zu unterhalten oder den herrlichen Blick in die weit auslaufende Landschaft zu genießen. 

Auch einen großen Veranstaltungs-Raum gibt es hier! Und unsere Schützlinge können es kaum erwarten, in ihre traditionellen Chupas (das Herzstück tibetischer Kleidung) zu schlüpfen, um Viktoria und mir noch vor dem Abendessen ein beeindruckendes Programm an einstudierten tibetischen Tänzen und Liedern darzubieten.


Viktoria ist eine unserer Shelter-108-Patinnen. Seit 10 Jahren unterstützt sie Karma Gyurmey, der neun Jahre lang im Hostel lebte, seit einem Jahr zu den ‚ehemaligen Studenten‘ zählt und nun sein IT-Studium absolviert. 

Als Viktoria erfuhr, dass ich eine Reise in unser Hostel nach Kathmandu plane, entschloss sie sich spontan, mit zu kommen, um ENDLICH ihren tibetischen Patensohn kennen zu lernen! 

Sie hatte schon im Vorfeld dieser Reise über e-mail regen Kontakt mit Karma Gyurmey. Sie unterstützte ihn auch, als er für sein Studium ein Laptop brauchte.

Das Kennenlernen nach 10 Jahren war dann sehr emotional.  

Viktoria und ihr Patensohn sind auch mit auf unsere kleine Reise nach Nargakot gekommen. Und zwei weitere ehemalige Schüler, die sich für diesen Ausflug frei machen konnten.


Als uns unsere Schützlinge alle gemeinsam ein einstudiertes Programm aus Liedern und Tänzen präsentieren, bedauern Viktoria und ich  es zutiefst, dass wir nur zu zweit im Publikum sind. Diese Aufführung hätte wirklich mehr ZuschauerInnen verdient. Aber genau das bringt much auf eine Idee: 

Ich habe noch nie eine richtige Patenschaftsreise in unser Dolpo-Hostel organisiert. Weil sich unser Hostel auf Grund der doch bescheidenen Größe nicht optimal für einen individuellen Austausch und ein näheres Kennenlernen zwischen Paten und Patinnen und ihren Kindern eignet.       

Natürlich ist es möglich, unser Hostel auch mit einer größeren Paten-Gruppe zu besuchen. Aber wie könnte ein tiefer gehender Austausch in einem geschützten Raum stattfinden?

Ich war auch stets dagegen, dass Paten oder Patinnen ‚ihr‘ Paten-Kind bei einem Besuch in Kathmandu aus dem Hostel heraus nehmen. Denn die Kinder, deren Paten oder Patinnen nicht zu Besuch kommen können, würden irgendwie ‚zurück bleiben‘. Und in so einem kleinen und intimen Projekt sind wir sehr darauf bedacht, dass sich keines der Schützlinge benachteiligt fühlen muss.

    

Das ‚Country Villa Hotel’ hier in Nargakot erscheint mir optimal für eine ‚erweiterte Patenreise‘. Denn es bietet neben der Besuche unseres Hostel einen weiteren geschützten Raum der Begegnung, in dem sich Paten und Patinnen nicht nur mit 'ihren eigenen' Paten-Kindern, sondern mit allen unserem Schützlingen austauschen können. Mit Viktoria hat sich genau das so wundervoll ergeben. Natürlich kam sie für ihren Patensohn nach Nepal. Aber letztlich ist Viktoria in diesen Tagen für alle da, und alle lieben sie. 


So könnten am Ende alle Studenten glücklich sein: Jene, deren Paten es möglich ist nach Kathmandu zu kommen - und jene, deren Paten es nicht möglich ist. 


Wir nutzen die eineinhalb Tage unseres Ausflugs jedenfalls in vollen Zügen.

Als Yoga-Lehrerin kann ich im Veranstaltungs-Saal am nächsten Morgen sogar eine große Yoga-Stunde für alle geben. Beim Shavasana (der Ruhephase nach den Yoga-Übungen) schlafen sie alle ein. Kein Wunder:   

Die Nächte auf Schul-Landfahrten sind auch bei tibetischen Kindern sehr kurz.

Viel zu aufregend ist es, in einem richtigen Hotel mit Flachbildschirmen und Fernbedienung untergebracht zu sein.

Als Viktoria und ich spät abends noch eine Besuchs-Runde durch alle Zimmer drehen, schauen die meisten von 'unseren' Kindern noch fern.

Aber interessanterweise gar nicht mal die nepalesischen TV-Programme.

Sie nutzen die technischen Möglichkeiten des Hotels, um sich über YouTube die neuesten Videos Dolpo-tibetischer Musiker und Musikerinnen anzuschauen.

Das ist es, was sie immer noch am meisten begeistert.   


Trotz der kurzen Nacht machen wir direkt am nächsten Morgen einen Spaziergang ins Grüne. Ohne bestimmtes Ziel. Ein Ziel brauchen wir nicht. Denn auf dem Weg entwickeln sich immer wieder neue Spiele und Aktivitäten - und jede Idee wird zu einem kleinen, gemeinsamen Abenteuer.     

Woher kommt diese Lebensfreude und Kreativität? 


Ich glaube, es liegt auch daran, dass unsere Kinder und Jugendlichen weder Handy noch Tablet oder Smartphone haben. Bis zum Ende ihrer Schulzeit halten Hostel-Vater Karma und seine Frau Dawa die Kinder und Jugendlichen fern von individuellen elektronischen Geräten. 

Natürlich gibt es einen Fernseher im Hostel und auch Fernseh-Zeiten für alle. Es gibt auch einige Laptops, die sie für ihre Hausaufgaben brauchen, für Recherchen und ihren Social-Media-Kanal auf Facebook (Dolpo Family 108). 

Aber ansonsten wachsen unsere Hostel Kinder und Jugendlichen noch analog auf. Und das wirkt sich sichtbar und fühlbar auf ihre ‚Er’lebensqualität aus.


Ich glaube, dass unsere Bildungs- und Erziehungs-Systeme im Westen einiges lernen könnten von unsrem Shelter108-Hostel. Nicht nur von uns. Es gibt ja mittlerweile vier weitere Dolpo-Hostels in Kathmandu, die von anderen Organisationen getragen werden. 

Wir waren ja vor 17 Jahren mitunter die ersten, die eine derartige Einrichtung gründeten. Nun gibt es fünf Einrichtungen in ähnlicher Größe und Struktur.

Sie alle werden - wie unser Projekt - von Paten- und Spendengeldern aus unserer Welt getragen. 


Was unsere Welt für dieses Engagement zurück bekommen kann ist die Erinnerung daran, wie Bildung und Erziehung, wie Kindheit und Jugend auch ‚funktionieren‘ kann …      

           









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